Biografie
Am 10. Juli 1721 wählte der Rat der Stadt Hamburg Georg Philipp Telemann zum Nachfolger Joachim Gerstenbüttels als Kantor am Johanneum, der städtischen Gelehrtenschule, und Director musices der fünf Hauptkirchen. Dem Hamburger Konzertpublikum war die Musik des Komponisten schon bekannt, denn seine Opern „Der geduldige Sokrates“ und „Germanicus“ waren am Gänsemarkt bereits aufgeführt worden. Möglicherweise hat dieses erste bürgerliche Opernhaus Telemann nach Hamburg gelockt.
Telemanns Arbeitspensum erstaunt auch heute noch: Neben dem Unterricht im Johanneum hatte er für jeden Sonntag eine Kirchenkantate zu komponieren, an Festen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, die damals noch an drei Tagen gefeiert wurden, waren es sogar jeweils drei. Dazu kam jährlich eine Passionsmusik. Neben der künstlerischen Leitung der Oper, die er fünfzehn Jahre lang zusätzlich innehatte, komponierte er für die Bühne etwa zwanzig Opern, die Kapitänsmusiken zu den Festmählern, Trauermusiken für Bürgermeister und Pastoren und Musik für viele andere repräsentative Feierlichkeiten. Zudem publizierte Telemann in einem eigenen Verlag seine Werke, die er erfolgreich international vertrieb.
Telemann war seit 1714 in zweiter Ehe mit Maria Catharina Textor verheiratet. Seine erste Ehefrau, Amalie Louise Juliane Eberlin, die er 1709 in Sorau geheiratet hatte, war bei der Geburt der Tochter Maria Wilhelmina Eleonora gestorben. In 12 Jahren hatte Telemann mit Maria Catharina neun Kinder, von denen zwei starben. Zeitweise lebten damit in Telemanns Haushalt – seine Tochter aus erster Ehe, eine Magd, ein Hauslehrer und ein Schüler hinzugenommen – bis zu zwölf Personen. Zehn Jahre nach der Geburt des letzten Kindes, 1735, trennte sich das Ehepaar. Maria Catharina wurde eine Leidenschaft für Glücksspiel sowie Ehebruch nachgesagt; einige Jahre später ging sie nach Frankfurt zurück.
Von den Wohnorten Telemanns in Hamburg sind drei bekannt:
– in der Straße „Bey dem Herrenstall“ nahe am Johanneum, seinem Dienstsitz
– hinter St. Petri (in der Nachbarschaft eines Ratssyndikus und eines holsteinischen Diplomaten)
– auf den Hohen Bleichen (wo Telemann 1767 starb)
Auf Einladung einer Gruppe französischer Musiker besuchte Telemann im Herbst 1737 als erster deutscher Komponist Paris. Er wurde in Frankreich besonders geschätzt, weil er sich nicht nur häufig des französischen Stils in seiner Musik bediente, sondern sich überhaupt als Vertreter des „galanten Stils“ hervortat. Als Ausdruck besonderer Wertschätzung verlieh ihm der König ein zwanzig Jahre dauerndes Exklusivrecht an seinen Veröffentlichungen, das vor Raubdrucken schützen sollte. Telemanns Auftritte in den „Concerts Spirituels“ vor der gesamten Hofgesellschaft und in Gegenwart des Königspaares waren überaus erfolgreich. Eigens dafür komponierte Werke wurden noch 15 Jahre nach seiner Abreise dort wiederholt aufgeführt. Im Mai 1738 kehrte Telemann, dessen Ansehen auch in Deutschland durch diese Reise weiter gestiegen war, nach Hamburg zurück.
Im Alter von 61 Jahren entdeckte Telemann seine Liebe zu Garten und Blumen. Georg Friedrich Händel beispielsweise schickte ihm seltene Pflanzen aus London. Vermutlich lag Telemanns Garten außerhalb der Stadt vor dem Dammtor und nahe der Außenalster.
Telemann war schon während seiner Frankfurter Zeit weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, in Hamburg erreichte sein Ruhm jedoch den Höhepunkt. Der Zeitgenosse Johann Christoph Gottsched zählte Telemann zusammen mit Händel und Bach zu den „dreien musikalischen Meistern, die heutzutage unserem Vaterland Ehre machen.“ Dabei wurde insbesondere Telemann, der mehr Musik als Bach und Händel zusammen geschrieben hat, allen Ansprüchen des Spätbarocks gerecht: eleganter Wohlklang, gefällige Melodik, interessanter Satz und spielerische Leichtigkeit.
Geschätzt wurde neben Telemanns Ausdruckskraft und melodischem Einfallsreichtum auch sein international geprägtes Schaffen durch die Verwendung des italienischen, französischen und polnischen Musikstils. Die Bestelllisten seiner „Tafelmusik“ und seiner „Nouveaux Quatuors“ sind ebenso international mit Namen aus Frankreich, Italien, Dänemark, Schweiz, Holland, Lettland, Spanien und Norwegen und mit Händel in London hatte er einen prominenten Kunden.
Georg Philipp Telemann war der angesehenste Musiker seiner Zeit. Von seinem Ableben im Jahre 1767 zeigte sich die Musikwelt entsprechend betroffen: „Wie viele Jahre wäre vielleicht die Music in Deutschland nicht noch elend und erbärmlich geblieben, wenn kein Telemann aufgestanden, der durch sein göttliches Genie und durch seinen überaus großen Fleiß die Music aus der Finsterniß herausgezogen, und ihr einen ganz anderen und neueren Schwung gegeben?“ (aus einem Kondolenzschreiben von Johann Heinrich Rolle).